»Wann [[Beherrschen]] wir etwas wirklich? Podcaster Jochen Hanisch erklärt in "b-Quadrat", wie das [[Beherrschen]] von Handlungen nachvollziehbar, vergleichbar und dokumentierbar werden kann. In den herrschenden Verfahren erkennt Jochen Hanisch aber auch viele Probleme. Im Podcast versucht Jochen Hanisch, den Begriff "[[Beherrschen]]" aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Laut einer Studie muss man sieben Jahre lang eine Tätigkeit ausführen, um sie richtig gelernt zu haben. Jochen Hanisch betrachtet die These in Bezug auf verschiedene Tätigkeiten, zum Beispiel das Herstellen von Zigarren.« (https://www.nrwision.de/mediathek/b-quadrat-[[Beherrschen]]-[[Beherrschen]]-210621/) (21.06.2021 - 75 Min.)
## **Intro**
## **Während des Jingles**
„Es dauert im Durchschnitt 10.000h oder 7 Jahre, um eine Handlung zu lernen – dem gehen wir in der heutigen Folge auf den Grund.“
## **nach dem Jingle**
„Ein ganz herzliches Willkommen zur Folge 5. Ich heiße Jochen Hanisch und freue mich auf unsere gemeinsame Zeit“
## **Inhaltsbeschreibung**
Worum wird es in der heutigen Folge gehen?
• Mit der Ausarbeitung habe ich mich sehr, sehr schwergetan
• Dickicht von sprachlichen Verwirrungen, der unterschiedlichsten Professionen: Rechtswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Bildungswissenschaften, Industrie- und Handwerkskammern, Politikwissenschaften, Verwaltungswissenschaften, Psychologie, Soziologie, um nur einige zu nennen
• Anhand der Begriffsstrecke [[Beherrschen]], Fähigkeit, Wissen und Kenntnisse, Fertigkeit, Qualifikation und Kompetenz werden weiterführende Gedanken präsentiert und zu meinem Standpunkt verdichtet.
## **Zum Thema**
## **Erkenntnisinteresse**
• „[[Beherrschen]]“ eine Verbindung der höchsten theoretischen Qualifikation des „Beurteilens“ mit der höchsten praktischen Qualifikation der „sehr guten Praxis“ zugrunde gelegt (*Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit: Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter*, 2012, S. 47–48)
• „[[Beherrschen]] setzt somit sichere Handlungskompetenz voraus, wozu das Verstehen des Eingriffs nebst typischen Komplikationen (kognitiv) und das Vorhandensein der handwerklichen Routine nebst Bewältigungsstrategien für Komplikationsfälle gehören. Für die Einschätzung, ob man Routinier ist, finden sich für Ärzte häufig Richtzahlen, die aufgrund wissenschaftlicher Erfahrung die Mindestanzahl der bereits geübten und anschließend praktizierten Eingriffe in einem bestimmten Zeitraum unter bestimmten Umständen beschreiben. Die Anforderungen werden für Notfallsanitäter nicht niedriger ausfallen können, sodass entsprechende Vorgaben zu berücksichtigen sind.“ (Stumpf + Kossendey Verlagsgesellschaft mbH & Ralf Tries, 2021)
• “Unter ‚[[Beherrschen]]‘ ist im medizinischen Bereich die Kompetenzstufe für eine Maßnahme zu verstehen, in der der Anwender alle zu berücksichtigenden Sachverhalte überblickt und auch für Komplikationen über eine Bewältigungsstrategie verfügt.” – wird am Beispiel der endotrachealen Intubation an der Wiederholungszahl 100 fest gemacht [Quelle ist fraglich] (*Abstimmungs- und Erörterungsprozess (Pyramidenprozess) „invasive Maßnahmen für Notfall-sanitäterinnen und -sanitäter“ - Bericht zu den bisherigen Sitzungen bis einschließlich 06.2.2014*, o. J., S. 4–5)
• “Das Ausbildungsziel, auch invasive Maßnahmen zu erlernen und zu [[Beherrschen]], setzt das Durchlaufen der dreijährigen Ausbildung voraus.” (*Rechtssicherheit (nicht nur) für Notfallsanitäter/-innen: Aktuelle Diskussion - Lösungsansatz*, 2019, S. 25)
## **Forschungsfrage**
„Inwiefern kann die Operation «[[Beherrschen]]» als Grundlage für eine komplikationsarme Anwendung auch invasiver Maßnahmen dienen?“
## **Beherrschen**
**Etymologie**
• herrschen, (10. Jh.), semantisch ‚Herr sein
(Kluge & Seebold, 2011c, S. 413)
**Definition | Bedeutung**
• [souverän] zu handhaben verstehen; in der Gewalt, unter Kontrolle, im Griff haben
• sich [geistig] angeeignet, gelernt haben; die Fähigkeit zur Ausübung von etwas haben
(DUDEN, 2021a)
• Soziologisch betrachtet, zumeist eine Unterwerfung der Natur oder Anderer
(Rosa et al., 2018, S. 59, 68)
• Bildungstechnologisch betrachtet, geht es um die Anwendung von Informationsquellen
(Schüller-Zwierlein & Stang, 2010, S. 520)
• In der bildungswissenschaftlichen Fachliteratur keine Fundstellen
## **Können und Fähigkeit**
**Etymologie**
• „fähig“, 15 JH., von fangen hergeleitet, «was gefangen werden kann», «wer fangen kann», wird im Laufe der Zeit eher in Richtung «imstande, etwas zu tun» eingeengt
(Kluge & Seebold, 2011a, S. 272, „fähig“)
**Definition | Bedeutung**
• „imstande sein, etwas zu tun; etwas zu vermögen“ (DUDEN, 2021b, „können“)
• Individuelle Bereitschaft eine spezifische Leistung zu zeigen, entweder spezifische Voraussetzung (genetische Disposition) oder Erziehung und Übung
• Gesamtheit der vorausgesetzten psychischen und physischen Bedingungen
• „Gesamtheit der zur Ausführung einer bestimmten Leistung erforderlichen personalen Bedingungen“
• Stellt ein hypothetisches Konstrukt da, kann nicht direkt beobachtet werden
• Operationalisiert auf eine bestimmte Leistung in einem bestimmten Test
• Ausführung von körperlicher oder geistiger Leistung
• Wird durch Lernszenarien erworben und ist an individueller Biographie ausgerichtet
• Verfestigtes psychologisches System
(Böhm & Grell, 2005a, S. 199–200, Fähigkeiten"; Tenorth & Tippelt, 2007a, S. 236, „Fähigkeit“; Wirtz, 2020a, S. 576, „Fähigkeit“)
## **Wissen und Kenntnisse**
**Etymologie**
• Ursprünglich aus dem 8. JH. Und „drückt den am Subjekt erreichten Zustand aus, der durch Handlung erreicht wird“
(Kluge & Seebold, 2011d, S. 992, „wissen“)
**Definition | Bedeutung**
• „Gesamtheit der Fakten, Grundsätze, Theorien und Praxis in einem <a href="https://www.dqr.de/content/2325.php#Lernbereich" rel="noopener" class="external-link" target="_blank"><u>Lern-</u></a> oder <a href="https://www.dqr.de/content/2325.php#Arbeitsbereich" rel="noopener" class="external-link" target="_blank"><u>Arbeitsbereich</u></a> als Ergebnis von Lernen und Verstehen. Der Begriff Wissen wird synonym zu ‚Kenntnisse‘ verwendet.“
(DQR, 2021, „Wissen“)
**Exkurs EQR und DQR**
• Ziel des EQR ist die Vergleichbarkeit von Bildungsabschlüssen,
• um die Union in ihrem Wettbewerb zu einem dynamischen und wissensbasierten Wirtschaftsraum wachsen zu lassen
• Entwicklung zum Können, weg vom Weg der Qualifikation (Outcomeorientierung)
• durch Anerkennung formalen und informellen Lernens
• Ziel des DQR ist die Umsetzung von EU-Recht
• Unterscheidung zweiter Kompetenzdimensionen: Fachkompetenz und personale Kompetenz
• Gleichberechtigt nebeneinander,
• aber Fachkompetenz Unterteilung hin Wissen und Fertigkeiten
• und personale Kompetenz in Sozialkompetenz und Selbstständigkeit
(Finkenzeller & Riemer, 2013, Kapitel 1)
• Kognitiv und pädagogisch ist Wissen eine Repräsentation oder ein Mentales Modell von Gegenständen oder Sachverhalten
• Wissenssystem inkludiert soziale Fähigkeiten, Kompetenzen, Einstellungen, Überzeugungen
• Wissen muss nicht zwangsläufig objektiv oder wahr sein
• Lehren ist die institutionalisierte Vermittlung von Wissen, ist demnach ein konstruktiver und sozialer Prozess
(Wirtz, 2020d, S. 1931, „Wissen“)
## **Fertigkeit**
**Etymologie**
• Ursprung im 16. JH. „Bedeutungsübergang von «bereit, etwas zu tun» zu «imstande, etwas zu tun»
(Kluge & Seebold, 2011b, S. 289, „Fertigkeit“)
**Definition | Bedeutung**
• Beschreibung einer aufgabenbezogenen menschlichen Aktivität
• „durch Lernen erworbene Dispositionen zur Bewältigung spezifischer Aufgaben“ (Tenorth & Tippelt, 2007b, S. 248, „Fertigkeit“)
• Unterteilung: (senso-) motorisch (z.B. Radfahren), kognitiv (z.B. Kopfrechnen), kognitiv-motorisch (z.B. Musizieren), sozial (hier wird es schon schwieriger mit einem Beispiel), perzeptiv (wahrnehmend)
F „Fertigkeiten werden beherrscht bzw. erworben“ (Wirtz, 2020b, S. 606, „Fertigkeit“), hier: erste Erwähnung in der Fachliteratur
F Gelegentlich zum Aspekt Beherrschung/Gekonntheit der der Stereotype, hier: Beherrschung i.S. von Können
CAVE: Diskrepanz zur Definition des DUDEN (vgl. S. 5)
• Im Gegensatz zur Können und Fähigkeit konkretes, inhaltliches bestimmtes Können, i.S. komplexer Verhaltensabläufe
• Eng umgrenzte Verhaltensweisen, durch Übung automatisiert (= unter Ausschaltung Bewussten [Wie geht das eigentlich?]
(Böhm & Grell, 2005b, S. 206, „Fertigkeiten“; Tenorth & Tippelt, 2007b, S. 248, „Fertigkeit“; Wirtz, 2020b, S. 606, „Fertigkeit“)
**Exkurs Fertigkeitserwerb**
Wie werden Fertigkeiten erworben?
• Bezieht sich auf Verhaltensänderungen, stellen das Resultat einer längerfristigen Übung dar: Übung Þ Automatisierung (= weniger kognitive Kapazität wird beansprucht)
• Alte Modelle postulieren Dichotomie (= Zweiteilung; zweigliedrige Einteilung; Zweigliedrigkeit) zwischen ungeübter (= kontrollierter) und geübter (=automatisierter) Handlung in Abhängigkeit der kognitiven Ressourcen
• Neuere Theorien besagen, dass ungeübte Handlungen erfordern Verarbeitungsschritte der Abfolge einer Handlung aufgrund eines Reiz – Reaktionsschemas, sind zusammengefasste Gedächtnisabrufe
(Wirtz, 2020c, S. 606, „Fertigkeitserwerb“)
## **Qualifikation**
„Arbeitsvermögen, das in Abhängigkeit von ökonomischen, technologischen und arbeitsorganisatorischen Entwicklungen für die Bewältigung von Arbeitsaufgaben benötigt wird“ (Schiersmann, 2007, S. 46)
**Folglich**
Þ Kenntnisse und Fertigkeiten zum Erwerbssystem-Zugang
Þ Durch Zertifikate formalisiert
Þ Fokus liegt auf der Verwertbarkeit von Kenntnissen und Fertigkeiten
Þ Orientiert sich mehr an den Gegebenheiten des Arbeitsmarkts
Þ Weniger an den Interessen des Subjektes
Þ Zielt auf betrieblich-funktionale Notwendigkeiten ab
Þ Reduziert die Komplexität der allgemeinen Bildung auf eine (normativ-gedachte) kategoriale Präzisierung
Þ Ist seitens der wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Diskussion heraus entwickelt und keine Erfindung der Pädagogik
**Kritik**
- Insbesondere das Konzept der Schlüsselqualifikationen, ein Begriff, der vermehrt im Kontext von Informations- und Kommunikationstechniken gebrach findet, gilt als gescheitert.
- Der Begriff der (Schlüssel-) Qualifikation wird inflationär gebraucht und soll eine Kontroll-Illusion erzeugen, in der „Erziehung“ steuerbar sei
- erscheint als Sammelbegriff für unspezifische, unterschiedliche und wird entweder zu allgemein oder zu abstrahiert gefasst
- Verschwimmt in den industriell und wirtschaftlich geprägten Anwendungsbereichen zu einer „konfliktreduzierenden Übereinstimmungsrethorik“ (Bedarfsorientierung)
(Schiersmann, 2007, S. 46-50)
Wir müssen jetzt alle mal ganz, ganz stark sein...
## **Kompetenz**
• Ist ursprünglich auf die Befähigung zum beruflichen Handeln bedacht
• Pragmatische Orientierung «vgl. Folge 3» an tatsächlichen [i.S. der wirklichen, Anm. Verf.] gesellschaftlichen [wirtschaftlichen, politischen und industriellen] Herausforderungen
• Kommt der Forderung der o.a. Gesellschaft nach Individualität und deren Problem-Lösungsfähigkeit nach [Veränderung der Arbeitswelt, weg von Industrialisierung, hin zu einer digitalen Arbeitswelt; Gründe in einer weiteren Folge von b-Quadrat]
• Versuch einer wirtschaftlichen und pädagogischen (Fortbildung) Zusammenführung
• Quadratur des Kreises: Bedarf - Bedürfnis, formale - informelle (Weiter-) Bildung (Subjektorientierung)
• Kleinster gemeinsamer Nenner: „Kompetenz ist die Mobilisation des Wissens“
• Weiterführend und der Vielfalt gerecht werdend: „Kompetenz als Fähigkeiten, in offenen physischen oder geistigen Herausforderungen selbstorganisiert und kreativ zu handeln“ (hoher, generalisierter Kompetenzbegriff, der in Grund- und später Schlüsselkompetenzen gesplittet werden kann)
• Gesamtverständnis: „Fähigkeit, selbstorganisiert und kreativ von einmal bewussten, gelernten, getanem ausgehend Neues zu schaffen, neuartige Probleme zu lösen, neue Denkweisen zu begründen“
• „Kompetenzen“ sind [keine] „nicht beliebige Handlungsfähigkeiten in allen nur denkbaren Lern- und Handlungsgebieten (Domänen)“
• „Fähigkeiten oder Disposition, die ein sinnvolles und fruchtbares Handeln in offenen, komplexen, manchmal auch chaotischer Situation erlauben, die also ein selbst organisiertes Handeln unter gedanklicher und gegenständlicher und Unsicherheit ermöglichen“
Fertigkeiten, Wissen, Qualifikationen sind keine Kompetenzen – allerdings gibt es keine Kompetenzen ohne Fertigkeiten, Wissen und Qualifikationen
• <u>Qualifikationen</u> dagegen werden in normierten Schritt-für-Schritt Prüfungssituationen erhoben, es fehlt die Selbstorganisation
(Erpenbeck et al., 2007, S. 10; Erpenbeck & Rosenstiel, 2007b, S. XI, 2007a, S. XIX; Erpenbeck & Sauter, 2016, S. 22; Schiersmann, 2007, Kapitel 2.3.3)
## **Operationalisierung als Erfüllungsmerkmal**
**Definition | Bedeutung**
• „Art und Weise, wie ein nicht direkt messbarer Sachverhalt erfasst wird“ (Tenorth & Tippelt, 2007c, S. 536, „Operationalisierung“), besteht aus einzelnen Testaufgaben oder Fragen
• „Zuordnung von Begriffen zu empirisch erfassbaren Indikatoren“ (Burkard & Weiß, 2008, S. 199, „Operationalisierung“)
• „Angabe, wie einem theoretischen Begriff beobachtbare Indikatoren zugeordnet wurden. […] Anweisungen, wie Messungen für einen bestimmten Begriff vorgenommen werden können.“ (Schnell et al., 2013, S. 7)
## **Weiterführende Gedanken**
• Komplexe Handlungen enthalten vielfältige Bewegungsabfolgen, die aus einzelnen Handgriffen zusammengesetzt werden
• Handlungen sind körperliche Richtungsänderungen (auch von Gliedmaßen) in einem dreidimensionalen Raum in Abhängigkeit der Zeit (Koordinatensystem)
**Studien / Untersuchungen zu Bewegungsabfolgen**
• Musiker:innen haben mit ca. 20 Jahren bereits 10.000h mit Üben verbracht (Spitzer, 2007, S. 67)
*Zusammenhang Übung und Zeit (Spitzer, 2007, Abb. 4.2)*
• Zigarrenhersteller:innen erreichen die optimale Leistung nach ca.1 bis 2 Millionen Handgriffen (ca. 7 Jahre) (Spitzer, 2007, S. 68)
*Wiederholung und Reaktionszeit (Spitzer, 2007, Abb. 4.3)*
• Folglich können Handlungen auch nach sehr langer Zeit optimiert werden, das (optimale) Lernen von Handlungen jedoch erfolgt eher langsam
• Im Gesetz werden de facto Kompetenzen gefordert (Dielmann & Malottke, 2017, S. 127)
**Exkurs Diversität**
• Diskussion um Diversität, Migration und Inklusion inzwischen auch in der beruflichen Bildung angekommen
• aktuelle Entwicklung bisher noch sehr still – kaum Erwähnung in Publikationen
• sind in Bezug auf Soziologie und Bildungswissenschaft in diesem Kontext bedeutsam
• in der beruflichen Handlungspraxis wahrgenommen
• bisher (berufs-)bildungspolitische Utopie
• Forderungen nach einer adaptierten Wissensstruktur im Rahmen der pädagogischen Professionalisierung
(Buchmann, 2020, S. 137–138, 148)
**Wir nehmen Fahrt auf – was bedeutet das für die Praxis?**
Þ <u>Fertigkeit</u> vs. <u>Fähigkeit</u> begrifflich sehr diffus (vgl. sprachliche Herleitung); folglich ist zu Beginn einer jeden Verwendung die Begriffsbestimmung notwendig, schafft Nachvollziehbarkeit in der Bedeutung (vgl. S 7, 5) – ist ja nichts Neues ;-)
Þ Fertigkeit konkrete aufgabenbezogene, unmittelbar beobachtbare Handlung, durch Lernen erworben
Þ Fähigkeit ein hypothetisches Konstrukt, kann nicht unmittelbar beobachtet werden, umfasst die personale Biographie
Þ Sind die o.a. Studien mit komplexen Handlungen in Gesundheitsfachberufen vergleichbar? Ja, da beide u.a. über Handlungsbereiche Präzision, Dynamik, verschachteltes Wissen, Zeitabhängigkeit und wechselnde (spielen nur eine oberflächlich betrachtete Rolle) Umwelten definiert werden
Þ Handlungen in der (rettungsdienstlich oder pflegerischen Ausbildung) werden wie lange gelernt und geübt? Beispiel: MegaCode ausführen
Þ Ausbildungszeit bestimmt (1920h, 1960h, 720h) und auf unterschiedlichste Handlungen verteilt (ca. ??)
Þ Deutungshoheit bisher bei Juristen und Medizinern – welche Legitimation haben diese Berufsgruppen, wenn es um Lern-/ Lehrprozesse geht? Klar ist, wenn es um die Bewertung von Konsequenzen aus Handlungen geht (medizinisch und rechtlich), steht diese Legitimation außer Frage!
Þ Ausbildungen im Gesundheitswesen sollen befähigen bestimmte Maßnahmen durchzuführen – teilweise invasiv und die auch eigenverantwortlich (Dielmann & Malottke, 2017, S. 129)
## **Beantwortung Forschungsfrage**
„Inwiefern kann die Operation «[[Beherrschen]]» als Grundlage für eine komplikationsarme Anwendung auch invasiver Maßnahmen dienen?“
• <u>[[Beherrschen]]</u> ist ein unbestimmter und nicht-definierter Alltagbegriff, der zudem innerhalb der aktuellen Diversitätsdebatte unangemessen erscheint. Grund hierfür ist die sprachliche Herkunft und die damit verbundene Hierarchisierung, die zunächst ein Machgefälle zwischen Menschen bedeutete. Später tritt die Unterwerfung der Natur (und Anderer) in den Vordergrund
• Aufgrund fehlender Kriterien zur Erfüllung der <u>Operationalisierung</u>, i.S.
o einer an Güte- (Qualitäts-) Kriterien ausgerichteten Nachvollzielbarkeit
o von Handlungsroutinen ausgehend
Zur Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit ist zwingend eine Operationalisierung vorzunehmen.
• Wenn es, juristisch betrachtet, auf <u>Richtzahlen</u> ankommt, dann kann, bei Betrachtung der Lernkurven für optimale Handlungen (S. 11), von einer Wiederholungsrate i.d.H.v. 1 bis 2 Millionen ausgegangen werden, um „Routinier“ (Stumpf + Kossendey Verlagsgesellschaft mbH & Ralf Tries, 2021) genannt zu werden. Damit ist es sehr schwer möglich, auch invasive Maßnahmen, komplikationsarm anzuwenden.
## **Mein Standpunkt**
• Umgangssprache hat nichts in der beruflichen Bildung zu suchen, Umgangssprache, vgl. Definitionen DUDEN
• Gleichgemeinte Verwendung von Begriffen, die unterschiedliche Assoziationen haben ist schwierig und führt zu Unverständnis
• Teilweise wird [[Beherrschen]] und Kompetenz in einen Zusammenhang gebracht, der jedoch gar nicht existiert: [[Beherrschen]] ist halt keine Kompetenz
• Wer hat die Deutungshoheit?
• Das Erklärungsfundament obliegt bisher bildungswissenschaftlich fernen Disziplinen, u.a. Politikwissenschaften, Rechtswissenschaften und der Medizin.
• [[Beherrschen]] kein Begriff der Bildungswissenschaften, vgl. Definition Kluge
• Anachronismus aus dem 10. Jh., insbesondere in der aktuellen Diversitäts-, Migrations- und Inklusionsdiskussion obsolet
• [[Beherrschen]] wird zumeist kognitiv assoziiert, ist dagegen eine Handlung
• Die beiden Keywords „verstehen“ und „sehr gute Praxis“ aus dem Referentenentwurf sind nicht zu operationalisieren
• [[Beherrschen]] wird genannt, Kompetenzen zur Überprüfung der Ausbildungsziele herangezogen, Fähigkeiten und Fertigkeiten werden durcheinandergebracht
• An kleinster Stelle vor Bewertung von beruflichen Abschlüssen eine spezifische und kontextsituierte begriffliche Definition
• und damit keine wirkliche Möglichkeit, eines nachvollziehbaren und an zuvor beschriebenen Kriterien ausgerichteten Begründungsrahmens
• Wenn selbst naturwissenschaftliche Messungen zu Messfehlern führen, und hier denken wir immer, dass es genaue Messungen (Springfeld, o. J., S. 10) gibt, wie soll dann ein unbestimmterer Begriff wie „[[Beherrschen]]“ gemessen werden können – bestimmt nicht anhand einer, wie auch immer bestimmten Wiederholungsrate
• Wenn die reine Wiederholungsrate als Maß des [[Beherrschen]]s angenommen wird, dann wird es unmöglich sein, unter 7 Jahren und mit 1 bis 2 Millionen Handgriffen eine Maßnahme wirklich zu [[Beherrschen]]
**Nennen wir es doch** <b><u>Fertigkeiten</u></b>**…!**
F Welcher Begriff passt besser? <u>Fertigkeiten</u>
F Es braucht sehr lange, bis wir die geübten Fertigkeiten wirklich automatisiert repräsentiert haben.
F Als Operationalisierung bietet sich „Demonstration“ (Hanisch, 2017):
o Demonstrieren/vor-/durchführen (psychomotorisch)
o Anschauliche Darlegung, Beweisführung, Veranschaulichung an Beispielen
o Erklärend, beispielhaft
o (etwas Geplantes) in allen Einzelheiten verwirklichen
o In der für das angestrebte Ergebnis erforderlichen Weise vornehmen, damit beschäftigt sein; ausführen
**Taxonomiestufe „Anwenden“, Anforderungsbereich III (Reflexion und Problemlösung)**
F Nicht unmittelbare Messung kann durch Beobachtung in einem dreidimensionalen Raum unter Einbezug der Zeit als vierte Dimension messbar gemacht werden
F Kommt dem Begriff „lege artis“ näher, da Handlungen an (Güte-) Kriterien
o Entweder kontrolliert subjektiven
o Oder objektivierten
gemessen und über die Beweisführung nachvollziehbar – sogar möglicherweise – verständlich gemacht werden können.
## **Weitere Fragen und Forschungsfelder**
• Wie könnte eine Kontrolle einer „Handlungspräzision“ gestaltet werden?
• Welche Wege werden Politik, Rechtswissenschaften und Medizin einschlagen?
## **Outro**
„Vielen Dank fürs Reinhören! Conclusio: Jetzt wisst ihr, wie behherschen beherrscht werden kann. Ich freue mich schon auf unsere nächste gemeinsame Folge und bis dahin alles Gute!
## **Call to Action (CTA)**
„Welche Erkenntnisse habt Ihr aus dieser Folge gewinnen können? Vielleicht möchtet Ihr diese in den Kommentaren reinschreiben?“
„Falls ihr lieben Hörer*innen direkt mit mir sprechen wollt, schreibt mir doch auf Instagram, Facebook oder besucht meine Webseite. Ich freue mich über eurer Feedback!“
„Und hinterlasst mir gerne ein Like und empfiehlt mich weiter…“
## **Teaser für die nächste Episode**
„Beim nächsten Mal werden wir [Thema 1] und [Thema 2] untersuchen und ihr werdet [etwas entdecken, auf das ihr bis zu diesem Zeitpunkt gewartet habt, um es während der gesamten Show herauszufinden / herauszufinden]. Vergesst nicht, den Podcast zu abonnieren, damit ihr keine einzige Folge verpasst!“
„In der nächsten Folge schauen wir uns [Thema 1] und [Thema 2] an, und werden [Erkenntnisinteresse] miteinander teilen.“
Ein Teaser ist eine großartige Möglichkeit, deine Hörer für zukünftige Episoden zu begeistern.
## **Literatur**
ÄLRD (Hrsg.). (o. J.). *Abstimmungs- und Erörterungsprozess (Pyramidenprozess) „invasive Maßnahmen für Notfall-sanitäterinnen und -sanitäter“—Bericht zu den bisherigen Sitzungen bis einschließlich 06.2.2014* (Bericht Anlage 1). Bundesverband der ÄLRD Deutschland e.V.
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